Iii. Die Habsburgische Weltmacht und Frankreich.
161
gewicht wiederherzustellen. Der Papst entband den Franzosenkönig von den beim Friedensschlüsse geleisteten Eiden, und eine Versammlung der französischen Großen erklärte die Friedensbedingungen für null und nichtig; trotzdem dürfe der König nicht etwa in die Gefangenschaft des Kaisers zurückkehren, obgleich er den Friedensvertrag nicht ausführen könne; denn er sei nach göttlichem und menschlichem Rechte verpflichtet, bei seinem Volke zu bleiben und es zu führen und zu beschützen. Die „Staatsraison" stellt sich hier über die ritterliche Moral des Mittelalters.
Bald standen die Verbündeten dem Kaiser wieder im Felde gegenüber. Durch diese neuen Kämpfe wurde Karl so stark in Anspruch genommen, daß er vorläufig auf die Durchführung des für die Reformation ungünstigen Wormser Reichstagsabschiedes verzichten mußte. Solange er in den Kämpfen gegen seine äußeren Feinde auf die Äilfe der Reichsstände angewiesen war, von denen einige der bedeutendsten auf Luthers Seite standen, konnte er überhaupt an die Ausrottung der Ketzerei in Deutschland nicht denken, und die Ausführung des Speierer Beschlusses von 1529, gegen den die evangelischen Stände protestiert hatten, wurde durch die Türkennot unmöglich. So versprach denn der Kaiser in dem Ausschreiben, das die Stände zum Besuche des Augsburger Reichstages von 1530 aufforderte, aufs neue „eines jeglichen Meinung und Opinion in Liebe zu hören".
Es wäre ein Wunder gewesen, wenn seine auswärtigen Feinde und die Protestanten im Innern des Reiches, die sich durch ihn bedroht fühlten, sich nicht schließlich gegen ihn verbündet hätten. Doch geschah das erst nach Luthers Tode, als Karl durch seine Erfolge im Schmalkaldischen Kriege die Protestanten in schwere Bedrängnis brachte und zur Unterwerfung unter die Beschlüsse des Tridentiner Konzils zwingen wollte. Da suchte Kurfürst Moritz, als er sich zum Abfall vom Kaiser anschickte, das Bündnis des Königs von Frankreich. Denn nur mit auswärtiger ioilfe glaubten er und feine fürstlichen Bundesgenossen ihre politische Unabhängigkeit und ihre religiöse Freiheit schützen zu können. Für diese Hilfeleistung gab er die lothringischen Bistümer Metz, Toul und Verdun den Franzosen preis. Die fürstliche Gewalt, an die sich die lutherische Reformation hatte anschließen müssen, war also nicht imstande, sich und ihren Glauben gegen die spanische Fremdherrschaft zu schützen. So mußte für die Bundeshilfe deutsches Gebiet geopfert werden.
Karl hatte seine Ziele nicht erreicht. Weder war er der Äerr aller Könige auf Erden geworden, noch hatte er gewaltsam die Glaubenseinheit wiederherstellen können. Beide Bemühungen waren
Kästner und Brunner, Geschichte. Ii. B. 11
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Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Luthers Deutschland Luthers Frankreich
180
Vi. Der Dreißigjährige Krieg.
und Brandenburg suchten sich 1635 den Kriegsgreueln zu entziehen durch einen Sonderfrieden mit dem Kaiser, der auf die Durchführung des Nestitutionsediktes verzichtete; aber sie vermochten ihre Neutralität nach keiner Seite hin zu schützen.
Jetzt griff auch Frankreich mit eigenen Truppen am Rhein in den Krieg ein. Damit trat der konfessionelle Charakter des großen Ringens ganz in den Hintergrund. Es handelte sich nicht mehr um die Erhaltung des Protestantismus; die Fragen der politischen Macht nahmen die erste Stelle ein. Deutschland wurde das Schlachtfeld, auf dem fast alle europäischen Staaten ihre Sonderinterefsen verfochten.
4. Der Westfälische Frieden.
Jahrelang hatten die Gesandten der beteiligten Staaten in Münster und Osnabrück verhandelt, bis endlich „das edle Fried- und Freudenwort" erschallen konnte. Da keine der Parteien das entscheidende Übergewicht erlangt hatte, kam es auf allen Gebieten zu Kompromissen. Von katholisch-kaiserlicher Seite verzichtete man auf die Durchführung der Gegenreformation und gab die Forderungen des Nestitutionsedikts preis. Die Protestanten beider Richtungen erhielten die reichsrechtliche Gleichstellung mit den Anhängern der alten Kirche, und ihre Fürsten konnten die säkularisierten Gebiete in ihrem Besitz behalten. Äber den Einspruch des Papstes gegen diese Abmachungen ging man einfach zur Tagesordnung über. Schwieriger waren die Verhandlungen über die Neuregelung der politischen Verhältnisse. Den vertriebenen Fürsten wurde ihr Besitz zurückgegeben, dem Pfalzgrafen auch die Kurwürde. Für Bayern wurde eine neue Kur, die achte, geschaffen.
Auch die auswärtigen Mächte wollten für ihr Eingreifen entschädigt sein. 3n französischen Besitz kamen die bisher österreichische Landgrafschaft im Elsaß und eine Reihe anderer Reichsrechte in diesen Gebieten, die an sich noch keine Landesherrschaft bedeuteten, sich aber bei der Macht des französischen Königtums leicht dazu ausbauen ließen. Schweden erhielt die Bistümer Bremen und Verben sowie [Vorpommern mit den Oderinseln. Auf dieses Land hatte zwar der Kurfürst von Branbenburg einen Erb-anspruch, ba die pommerfchen Äerzöge 1637 ausgestorben waren. Man billigte ihm aber nur Sinterpommern zu und entfchäbigte ihn für den an Schweden fallenben Teil der Erbschaft in Mittelbeutfch--Icmb durch die Stifter Äalberstabt und Minben und die Anwartschaft auf Magbeburg. Auch anbere Reichsfürsten erhielten als Ersatz für verlorenen Besitz geistliches Gebiet.
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Extrahierte Ortsnamen: Brandenburg Frankreich Rhein Deutschland Elsaß Schweden Magbeburg
I. Das Iheokratische Weltreich Karls des Großen.
47
auch die Zehntpflicht, die bei der Abneigung des freien Germanen gegen Steuerzahlung natürlich auf schweren Widerstand stieß. „Die Zehnten brachen die Treue der Sachsen," bemerkt ein Zeitgenosse. Auf jeden Widerstand gegen staatliche wie kirchliche Gebote setzte das Capitulare von Paderborn (774?) die Todesstrafe; immerhin waren manche Bestimmungen nicht härter als die herkömmlichen Satzungen der Sachsen. Alsbald wurde in dem eroberten Lande die fränkische Grafschaftsverfassung eingeführt; die Grafen mußten bei der Befriedung und Bekehrung des Sachsenlandes mit den Bischöfen der neu eingerichteten Bistümer Land in Äand gehen. Der Erfolg zeigte sich bald. Nachdem die Unterwerfung einmal erzwungen war, faßte die Kirche schnell festen Fuß; schon nach einem Menschenalter entstand in Sachsen der „Äeliand". Die friesischen Gebiete wurden nun ebenfalls dem Reiche langsam angegliedert.
Auch Bayern verleibte Karl dem Frankenreich völlig ein. Obgleich schon längere Zeit in Abhängigkeit, hatte der Bajuvaren-stamm doch sein eigenes Herzogtum behalten. Beziehungen des letzten Bayernherzogs, des kraftvollen Tassilo, zu den Erben des entthronten Langobardenkönigs nötigten Karl jedoch, die Selbständigkeit Bayerns völlig aufzuheben. Tassilo wurde ohne Widerstand des Volkes abgesetzt und in ein Kloster verwiesen.
Damit war die letzte der stammesherzoglichen Gewalten beseitigt. Sie wurden überall durch Grafen ersetzt, die Karl selbst ernannte. Er entnahm sie allen Stämmen seines weiten Reiches, ohne sich bei ihrer Wahl immer an vornehmen Stand zu binden. Nur die Tüchtigkeit sollte für die Auswahl auch der hohen Beamten entscheidend sein. Der Graf war oberster Gerichtsbeamter; er hatte die Verkehrspolizei; er mußte für die Instandhaltung der Wege und Brücken durch Fronden der Anlieger sorgen, die Abgaben und Steuern eintreiben und im Kriege das Aufgebot seines Gaues führen. Bei der Ausdehnung des Reiches war freilich eine wirksame Überwachung der gräflichen Amtsführung schwierig. Sie wurde durch Königsboten ausgeübt, die zu zweien, jeweils ein Geistlicher und ein Laie, alljährlich im Aufträge und an Stelle des Königs die Landesteile besuchen, in politischer wie kirchlicher Beziehung nach dem Rechten sehen und die Untertanen vor Mißbrauch der gräflichen Gewalt schützen mußten. Diese Reichseinrichtung, eine der fruchtbarsten Ordnungen karolingischer Lerrschergabe, ist später langsam verfallen.
Der Los hatte keine ständige Residenz, zog vielmehr von einer Königspfalz zur andern. Die wichtigsten Pfalzen waren: Lüttich, Äeristal, Ingelheim, Worms, Schlettstadt, Regensburg. Die Reichsteile, in denen er sich gerade aufhielt, hatten nach bestimmten
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92
I. Das deutsche Städtewesen im Mittelalter.
so erhielten diese Orte von den sächsischen und fränkischen Kaisern das Marktrecht, wonach ein solcher Verkehr sich nur an den mit diesem Vorrecht ausgestatteten Plätzen abspielen durfte. Dafür waren an den König oder an den von ihm belehnten Grundherrn für die Benutzung der Markteinrichtungen Zölle und Abgaben zu zahlen. Seit den Lohenstaufen erfolgte die Verleihung des Marktrechts nur noch durch den Landesfürsten. Zum Schutze des Handels wurde eine Mauer um den Marktort gezogen. So nahm die Stadt selber das Aussehen einer großen »burc* an, und dadurch war die städtische Anlage völlig bedingt. Außerdem ist für die mittelalterliche Stadt die Tatsache bezeichnend, daß sie einen eigenen Gerichtsbezirk bildet; auch regelten die Bürger ihre Gemeindeangelegenheiten mit größerer Selbständigkeit als die Dorfbewohner auf dem platten Lande. Alle Lerrschaftsrechte wurden anfangs durch Ministerialen des Grundherrn (Vögte) ausgeübt. Alle diese Merkmale müssen zusammentreffen, wenn ein Ort als Stadt im mittelalterlichen Sinne gelten soll. Sie sind, mit privatrechtlichen Bestimmungen vereinigt, im Stadtrechte zusammengefaßt, und die mittelalterlichen Ratsstuben sind die „Brunnstuben" der modernen Verfassungen in Stadt und Reich geworden. Man hat die Rolandsäulen mit diesen Verhältnissen in Zusammenhang gebracht, aber ihr Sinn ist in Dunkel gehüllt.
Gegen Ende des 12. Jahrhunderts gelang es den Bürgern, dem Stadtherrn die Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten mehr oder minder aus der Äand zu nehmen. Sie wurden einem Rate übertragen, der aus den Angehörigen alteingesessener Familien, den „Geschlechter n", bestand. Der Rat brachte mit der Zeit auch die Gerichtsbarkeit, meistens sogar die höhere, d. H. die über Leben und Tod, den „Blutbann", an sich. Den meistens handeltteibenden Geschlechtern stehen die in Zünften organisierten Gewerbetreibenden gegenüber, denen durch kaiserliche und landesherrliche „Privilegien", wie sie in der „Zunftrolle" aufgezeichnet wurden, der Alleinbetrieb ihres Land-werks innerhalb der oft recht ausgedehnten „Bannmeile" zugestanden war. Sie hielten daher sorgfältig darauf, daß niemand auf dem Lande, kein „Bönhafe", einen unerwünschten Wettbewerb ausübte. Je nachdem, ob die Gründung und Rechtsausstattung der Stadt vom König oder von einem Landesfürsten ausgegangen war, unterschied man Reichs- und Landstädte. Zu jenen gehörten Frankfurt a. M., Aachen, Nürnberg, Augsburg, £llm u. a.; auch Köln, Straßburg, Worms, Speier, Regensburg, Basel entzogen sich im Laufe des 13. Jahrhunderts völlig der Herrschaft ihres bischöflichen, Lübeck, Hamburg, Bern u. a. der ihres weltlichen Stadtherrn. Landsässig blieben z. B. Trier, Magdeburg, Mainz, Würzburg, erfreuten
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I. Das Lheokratische Weltreich Karls des Großen.
3
auch die Zehntpflicht, die bei der Abneigung des freien Germanen gegen Steuerzahlung natürlich auf schweren Widerstand stieß. „Die Zehnten brachen die Treue der Sachsen," bemerkt ein Zeitgenosse. Auf jeden Widerstand gegen staatliche wie kirchliche Gebote setzte das Capitulare von Paderborn (774?) die Todesstrafe; immerhin waren manche Bestimmungen nicht härter als die herkömmlichen Satzungen der Sachsen. Alsbald wurde in dem eroberten Lande die fränkische Grafschaftsverfassung eingeführt; die Grafen mußten bei der Befriedung und Bekehrung des Sachsenlandes mit den Bischöfen der neu eingerichteten Bistümer Land in Äand gehen. Der Erfolg zeigte sich bald. Nachdem die Unterwerfung einmal erzwungen war, faßte die Kirche schnell festen Fuß; schon nach einem Menschenalter entstand in Sachsen der „Seliand". Die friesischen Gebiete wurden nun ebenfalls dem Reiche langsam angegliedert.
Auch Bayern verleibte Karl dem Frankenreich völlig ein. Obgleich schon längere Zeit in Abhängigkeit, hatte der Bajuvaren-stamm doch sein eigenes Herzogtum behalten. Beziehungen des letzten Bayernherzogs, des kraftvollen Tassilo, zu den Erben des entthronten Langobardenkönigs nötigten Karl jedoch, die Selbständigkeit Bayerns völlig aufzuheben. Tassilo •wurde ohne Widerstand des Volkes abgesetzt und in ein Kloster verwiesen.
Damit war die letzte der stammesherzoglichen Gewalten beseitigt. Sie wurden überall durch Grafen ersetzt, die Karl selbst ernannte. Er entnahm sie allen Stämmen seines weiten Reiches, ohne sich bei ihrer Wahl immer an vornehmen Stand zu binden. Nur die Tüchtigkeit sollte für die Auswahl auch der hohen Beamten entscheidend sein. Der Gras war oberster Gerichtsbeamter; er hatte die Verkehrspolizei; er mußte für die Instandhaltung der Wege und Brücken durch Fronden der Anlieger sorgen, die Abgaben und Steuern eintreiben und im Kriege das Aufgebot seines Gaues führen. Bei der Ausdehnung des Reiches war freilich eine wirksame Überwachung der gräflichen Amtsführung schwierig. Sie wurde durch Königsboten ausgeübt, die zu zweien, jeweils ein Geistlicher und ein Laie, alljährlich im Aufträge und an Stelle des Königs die Landesteile besuchen, in politischer wie kirchlicher Beziehung nach dem Rechten sehen und die Untertanen vor Mißbrauch der gräflichen Gewalt schützen mußten. Diese Reichseinrichtung, eine der fruchtbarsten Ordnungen karolingischer Äerrschergabe, ist später langsam verfallen.
Der Äof hatte keine ständige Residenz, zog vielmehr von einer Königspfalz zur andern. Die wichtigsten Pfalzen waren : Lüttich, ioeristal, Ingelheim, Worms, Schlettstadt, Regensburg. Die Reichsteile, in denen er sich gerade aufhielt, hatten nach bestimmten
1*
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I. Das deutsche Städtewesen im Mittelalter.
so erhielten diese Orte von den sächsischen und fränkischen Kaisern das Marktrecht, wonach ein solcher Verkehr sich nur an den mit diesem Vorrecht ausgestatteten Plätzen abspielen durfte. Dafür waren an den König oder an den von ihm belehnten Grundherrn für die Benutzung der Markteinrichtungen Zölle und Abgaben zu zahlen. Seit den Lohenstaufen erfolgte die Verleihung des Marktrechts nur noch durch den Landesfürsten. Zum Schutze des Landels wurde eine Mauer um den Marktort gezogen. So nahm die Stadt selber das Aussehen einer großen »burc« an, und dadurch war die städtische Anlage völlig bedingt. Außerdem ist für die mittelalterliche Stadt die Tatsache bezeichnend, daß sie einen eigenen Gerichtsbezirk bildet; auch regelten die Bürger ihre Gemeindeangelegenheiten mit größerer Selbständigkeit als die Dorfbewohner auf dem platten Lande. Alle Lerrschaftsrechte wurden anfangs durch Ministerialen des Grundherrn (Vögte) ausgeübt. Alle diese Merkmale müssen zusammentreffen, wenn ein Ort als Stadt im mittelalterlichen Sinne gelten soll. Sie sind, mit privatrechtlichen Bestimmungen vereinigt, im Stadtrechte zusammengefaßt, und die mittelalterlichen Ratsstuben sind die „Brunnstuben" der modernen Verfassungen in Stadt und Reich geworden. Man hat die Rolandsäulen mit diesen Verhältnissen in Zusammenhang gebracht, aber ihr Sinn ist in Dunkel gehüllt.
Gegen Ende des 12. Jahrhunderts gelang es den Bürgern, dem Stadtherrn die Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten mehr oder minder aus der Land zu nehmen. Sie wurden einem Rate übertragen, der aus den Angehörigen alteingesessener Familien, den „Geschlechter n", bestand. Der Rat brachte mit der Zeit auch die Gerichtsbarkeit, meistens sogar die höhere, d. H. die über Leben und Tod, den „Blutbann", an sich. Den meistens handeltreibenden Geschlechtern stehen die in Zünften organisierten Gewerbetreibenden gegenüber, denen durch kaiserliche und landesherrliche „Privilegien", wie sie in der „Zunftrolle" aufgezeichnet wurden, der Alleinbetrieb ihres Land-werks innerhalb der oft recht ausgedehnten „Bannmeile" zugestanden war. Sie hielten daher sorgfältig darauf, daß niemand auf dem Lande, kein „Bönhafe", einen unerwünschten Wettbewerb ausübte. Je nachdem, ob die Gründung und Rechtsausstattung der Stadt vom König oder von einem Landesfürsten ausgegangen war, unterschied man Reichs- und Landstädte. Zu jenen gehörten Frankfurt a. M., Aachen, Nürnberg, Augsburg, Lllm u. a.; auch Köln, Straßburg, Worms, Speier, Regensburg, Basel entzogen sich im Laufe des 13. Jahrhunderts völlig der Lerrschaft ihres bischöflichen, Lübeck, Lamburg, Bern u. a. der ihres weltlichen Stadtherrn. Landsässig blieben z. B. Trier, Magdeburg, Mainz, Würzburg, erfreuten
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136 Vi. Der Dreißigjährige Krieg.
und Brandenburg suchten sich 1635 den Kriegsgreueln zu entziehen durch einen Sonderfrieden mit dem Kaiser, der auf die Durchführung des Restitutionsediktes verzichtete; aber sie vermochten ihre Neutralität nach keiner Seite hin zu schützen.
Jetzt griff auch Frankreich mit eigenen Truppen am Rhein in den Krieg ein. Damit trat der konfessionelle Charakter des großen Ringens ganz in den Hintergrund. Es handelte sich nicht mehr um die Erhaltung des Protestantismus; die Fragen der politischen Macht nahmen die erste Stelle ein. Deutschland wurde das Schlachtfeld, auf dem fast alle europäischen Staaten ihre Sonderinteressen verfochten.
4. Der Westfälische Frieden.
Jahrelang hatten die Gesandten der beteiligten Staaten in Münster und Osnabrück verhandelt, bis endlich „das edle Fried- und Freudenwort" erschallen konnte. Da keine der Parteien das entscheidende Übergewicht erlangt hatte, kam es auf allen Gebieten zu Kompromissen. Von katholisch-kaiserlicher Seite verzichtete man auf die Durchführung der Gegenreformation und gab die Forderungen des Restitutionsedikts preis. Die Protestanten beider Richtungen erhielten die reichsrechtliche Gleichstellung mit den Anhängern der alten Kirche, und ihre Fürsten konnten die säkularisierten Gebiete in ihrem Besitz behalten. Über den Einspruch des Papstes gegen diese Abmachungen ging man einfach zur Tagesordnung über. Schwieriger waren die Verhandlungen über die Neuregelung der politischen Verhältnisse. Den vertriebenen Fürsten wurde ihr Besitz zurückgegeben, dem Pfalzgrafen auch die Kurwürde. Für Bayern wurde eine neue Kur, die achte, geschaffen.
Auch die auswärtigen Mächte wollten für ihr Eingreifen entschädigt sein. In französischen Besitz kamen die bisher österreichische Landgrafschaft im Elsaß und eine Reihe anderer Reichsrechte in diesen Gebieten, die an sich noch keine Landesherrschaft bedeuteten, sich aber bei der Macht des französischen Königtums leicht dazu ausbauen ließen. Schweden erhielt die Bistümer Bremen und Verden sowie ^Vorpommern mit den Oderinseln. Auf dieses Land hatte zwar der Kurfürst von Brandenburg einen Erb-anspruch, da die pommerschen Äerzöge 1637 ausgestorben waren. Man billigte ihm aber nur Äinterpommern zu und entschädigte ihn für den an Schweden fallenden Teil der Erbschaft in Mitteldeutschland durch die Stifter Äalberstadt und Minden und die Anwartschaft auf Magdeburg. Auch andere Reichsfürsten erhielten als Ersatz für verlorenen Besitz geistliches Gebiet.
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Extrahierte Ortsnamen: Brandenburg Frankreich Rhein Deutschland Elsaß Brandenburg Mitteldeutschland Minden Magdeburg
£cuijiì;;ùni>. 10/
den Niederländern hatten endlich (30 Jan. 16^8) die hol-
ländischen und spanischen Gesandten den Frieden zu Münster
abgeschlossen, in welchem Philipp 4 die vereinigten Provin-
zen als einen selbstständigen Staat anerkannte, der nun auch
sich aller Oberhoheit des teutschen Reiches entzog, besonders
weil von Seiten des Kaisers und der teutschen Stande nichts
gegen jenen Frieden erinnert ward. — Eben so hatte d'.e
Schweiz zwar schon seit Marimilians 1 Zeiten ihre Unab-
hängigkeit behauptet; sie ward aber jetzt erst, mit Ausschluß
des Bisthums Basel, in derselben anerkannt.
In Hinsicht der vieljahrigen kirchlichen Streitigkeiten
entschied der westp ha lische Friede für die völlige poli-
tische Gleichheit imb Gewissensfreiheit der.katholiken und
Protestanten, mit Einschluß der Reformirten, unter
der Benennung der augsburgischen Consessionsverwandtcn,
fo wie für die freie R e l i g i o n s ü b u n g. Für den Besitz
der geistlichen Länder ward das Jahr 1624 als Nor-
maljahr bestimmt, so daß alles, was bis zu diesem Jahre
von geistlichen Besitzungen an weltliche Fürsten gekommen
wäre, denselben ungestört gelassen werden sollte. Dadurch
ward der, seit dem Religionsfrieden von 1555 über 90 Jahre
fortgeführte. Streit über den geistlichen Vorbehalt beseitigt.
Zugleich ward die Personalgleichheit der Beisitzer bei dem
Reichsgerichte, so wie bei reichsständischen Verhandlungen
über Religionsangelegenheiten das Recht festgesetzt, nicht
nach der Mehrheit der Stimmen, sondern nach den Inter-
essen der beiden kirchlichen Hauptpartheien (ius emidi in
partes) zu entscheiden.
Die beiden außerteutschen Machte, Frankreich und
Schweden, welche den Ausschlag des Kampfes gegeben
hatten, übernahmen die Garantie des westphälischen Frie-
dens, und verlangten Entschädigung für ihre Ansprüche.
Nach langen Verhandlungen gestand man endlich Frank-
reich, außer der,bestätigten Oberhoheit über die drei loth-
ringischen Bisthümer, Metz, Vprdun und Toul, den Elsaß,
den Sun dg au, die Festung Breisach und das Besatzungs-
recht in Philipps bürg zu; doch sollten alle unmittelbare
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Extrahierte Personennamen: Philipp Philipp Metz Philipps
Extrahierte Ortsnamen: Bisthums_Basel Frankreich Schweden Elsaß Breisach Philipps
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Extrahierte Personennamen: Mirow Karl_Ludwig Karl Ludwig Friedrichs
Tcutschland.
Ih
abgeschlossenen pyrenaischen Frieden (1659), und der
Osten durch den Frieden von Oliva (1660) beruhigt. —
Mehrere teutsche Fürsten brachten bisherige freie Städte
unter ihre Gewalt, so z. B. der Bischoff von Münster die
Reichsstadt Münster (166t), der Churfürst von Mainz
Erfurt (1664), und der Herzog von Braunschweig die
Stadt dieses Namens. Das Herzogthum Preußen ge-
langte unter dem großen Churfürsten (1657) zur Souve-
ra ine tat.
Der Kaiser selbst ward in mehrere Türken kriege
verwickelt, wo es den Türken sogar gelang, Wien (4683)
zu belagern, das aber der König Johann Sobiesky von
Polen, der Churfürst Johann Georg 3 von Sachsen, und
Karl von Lothringen entsetzten.
Doch mehr, als Teutschland von der Pforte zu befürch-
ten hatte, drohte ihm von Frankreichs Seite. Ein un-
ternehmender junger König, Ludwig 14, der zwar mit
Leopold 1 verschwägert war, der aber bei den Eingebungen
seiner Launen und bei der Ausführung seiner Erobernugs-
plaue keine Rücksichten auf rechtliche und Familienvcrhalt-
nisse nahm, fuhr jetzt im Geiste der Politik von Richelieu
und Mazarin fort, auf Kosten seiner Nachbarn, besonders
Spaniens und T e u tsch la n'd s, sich zu vergrößern. Er
nahm, nach dem Tode seines Schwiegervaters, des Königs
Philipp 4 von Spanien, die spanischen Niederlande (1665)
in Anspruch, die, als burgundischcr Kreis, zu Tcutschland
gehörten. Eine Tripleallianz zwischen den Niederlanden,
England und Schweden nöthigte ihn zwar (1668) zum
Frieden mit Spanien; allein sein Groll gegen die Nieder-
länder, deren politisches Daseyn er wegen dieses vereitelten
Planes, wie einst die Ligue von Cambray das politische
Daseyn des Freistaates Venedig, vernichten wollte, zeigte
sich, als er sie (1672) mit einem Kriege überzog, in wel-
chem England auf seiner Seite stand. Eben so wurden von
ihm die Länder des H e rz o g s v v n L o t h r i n g e n, K a r l s 4,
gewaltsam besetzt, weil dieser den Niederländern seinen Bei-
stand angeboten hatte. — Die Niederländer zu retten, schloß
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Bischoff Johann Johann Karl_von_Lothringen Karl Ludwig_14 Ludwig Leopold Leopold Richelieu Philipp Cambray
Extrahierte Ortsnamen: Oliva Mainz
Erfurt Wien Polen Sachsen Frankreichs Spaniens Spanien Niederlanden England Schweden Spanien Venedig England